WCMX in Lüneburg – warum der Bau des neuen Skateparks nicht noch weiter verzögert werden darf
Ein Kommentar von Miriam Ihnen
Am Samstag, den 30. Juli 2022 ging es richtig rund in Lüneburg. Lisa und David Lebuser waren mit ihrem Projekt „Sit’n’skate“ in Lüneburg Kaltenmoor, im Gepäck Leihrollstühle und jede Menge Knowhow.
Dem Aufruf, sich das Ganze mal anzuschauen, sind zahlreiche Menschen gefolgt. Darunter „alte Hasen“ wie „Kamikazeaylin“ und der Lüneburger Rasmus, aber auch viele Kinder im Rollstuhl, die WCMX (ein Rollstuhlsport, bei dem im Skatepark-Tricks gemacht werden, wie Skateboarding oder BMX, meistens in einem Skatepark) erst kürzlich oder sogar völlig neu für sich entdeckt haben.
Auch Kinder und manche Erwachsene, die kaum Berührungspunkte mit Rollstuhlfahrenden haben, sind in den Skatepark gekommen und haben ausprobiert, wie es ist, mit einem Rollstuhl über Rampen zu sausen.
Die Stimmung war großartig, es war ein wunderschönes Miteinander. Es ist nicht untertrieben zu behaupten, dass in diesen zwei Stunden mehr für die Inklusion erreicht wurde als in den Bundestagsdebatten zum sogenannten Barrierefreiheitsstärkungsgesetz.
Behinderte und nichtbehinderte Menschen sind Seite an Seite geskatet und es wurden in jeglichem Sinne neue Perspektiven erfahren, Barrieren in den Köpfen beseitigt. Es fand ein Miteinander statt, ein Austausch. Profitiert haben davon alle Beteiligten, insbesondere aber die Kinder im Rollstuhl, die ihr Hilfsmittel auf ganz neue Art zu beherrschen lernen, angeleitet von David Lebuser und Björn-Patrick Meyer.
Solche WCMX-Treffs finden inzwischen regelmäßig statt: in Hamburg, Bremen, Hannover und Dortmund. Alles nicht wirklich um die Ecke und lange Fahrten sind oft beschwerlich, vor allem für Familien mit behinderten Kindern. Der Bedarf ist da für einen regelmäßigen WCMX-Treff in Lüneburg. Aber nicht der richtige Ort. Denn der Skateplatz in Kaltenmoor eignet sich sehr schlecht für WCMX, erst recht für Anfänger*innen. Die Rampen zu hoch, zu steil, mit schlechten Übergängen. Wie gut, dass ein inklusiver Skateplatz an den Sülzwiesen geplant ist – sogar mit Toilettenanlage, wie man kürzlich in der Zeitung lesen konnte.
Schade, dass der Baubeginn sich immer weiter nach hinten verschiebt. Erst gab es Vorwürfe der Verwaltung an den Behindertenbeirat, der Prozess würde durch den Beirat blockiert, verlangsamt. Als Teilnehmerin der Gespräche kann ich nur sagen: das stimmt nicht. Der Beirat bestand lediglich darauf, dass die zugesagten barrierefreien Elemente sich auch in den Plänen des durch die Stadt engagierten Landschaftsarchitekturbüros wiederfinden. Dann war Corona Schuld, da ist sicher was dran. Aber inzwischen gibt es meiner Meinung nach nur noch einen Grund für die ständige Verzögerung: die fehlende Priorisierung. Das Projekt „Skateplatz Lüneburg“ wird anscheinend zurzeit nicht mit der nötigen Vehemenz nach vorne getrieben. Und das muss sich ändern!
Diesen Wunsch konnte ich am Samstag an Jule Grunau adressieren, die stellvertretend für OB Claudia Kalisch zum Skateplatz gekommen ist, um das Gespräch zu suchen und sich selbst davon zu überzeugen, wie groß der Bedarf für einen funktionierenden, inklusiven Skateplatz ist. Sie hat ihn gehört, den Wunsch. Und sie konnte eindrucksvoll den Bedarf sehen. Es gibt inzwischen viel Frust, gerade in der Skateboard-Szene – verständlich. Dennoch müssen wir nun alle zusammenarbeiten, um so schnell wie möglich den neuen Skatepark fertigzustellen. Und „so schnell wie möglich“ ist dabei ernst zu nehmen – da geht nämlich ganz sicher noch einiges.
Miriam Ihnen