Der Beirat für Menschen mit Behinderungen Lüneburg zu Björn Höckes Sommerinterview:
Landesweit ist zu hören, dass Menschen darüber entsetzt sind, welche Aussagen Thüringens AfD-Vorsitzender Björn Höcke im Sommerinterview gemacht hat.
Wir nicht. Björn Höcke ist ein Faschist, ein Rechtsextremist. Da ist es doch nicht verwunderlich, dass er seine menschenverachtende Haltung gegenüber marginalisierten Gruppen kundtut.
Höcke verpackt seine faschistischen Äußerungen in wohlklingende Sätze, zu denen manch eine*r zustimmend nicken mag. Zum Beispiel dazu, dass an deutschen Schulen Ausgangsbedingungen herrschten, die Lehrkräfte „auch mit bestem Einsatz nicht mehr korrigieren können“. Allerdings sieht Höcke eine Lösung des Problems nicht darin, den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Er will aussondern.
Und da liegt der Punkt, über den WIR entsetzt sind: wir sind entsetzt darüber, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk einem Faschisten eine Plattform für seine menschenverachtenden Äußerungen gibt und diese Äußerungen nicht vernünftig einordnet.
Höcke geht rhetorisch raffiniert vor, er sagt nicht wörtlich, dass behinderte Kinder nicht an Regelschulen beschult werden sollten. Er lässt das zwischen den Zeilen. Grund genug für uns, mal in das Parteiprogramm der AfD zu schauen.
Dort steht, die UN-BRK sei bereits damit „umfassend und erfolgreich erfüllt“, dass behinderten Kindern durch Förder- und Sonderschulen die Teilhabe am deutschen Bildungssystem ermöglicht werde.
Auch hier wird Inklusion als Ideologie dargestellt, die kostenintensiv und schädlich für behinderte und nicht behinderte Kinder sei. Weiter heißt es, die AfD setze sich „für den Erhalt der Förder- und Sonderschulen ein“, damit die Eltern auch weiterhin „das Recht haben, ihre Kinder in diese Einrichtungen zu schicken.“
Die AfD suggeriert, sie wolle Eltern behinderter Kinder ein Wahlrecht lassen. Dabei will sie genau dieses Recht zusammen mit der Inklusion abschaffen und Eltern behinderter Kinder zwingen, diese auf Förder- und Sonderschulen unterzubringen.
Gleichzeitig wird von Höcke gefordert, dass Kinder mit Migrationshintergrund in gesonderten Klassen beschult werden. Auch diese „Idee“ ist nicht wirklich überraschend, wenn man einen Blick zurück wirft in die 30er und 40er Jahre in Deutschland.
Jetzt werden wieder viele Menschen sagen „Was geht’s mich an? Mein Kind ist nicht behindert…“
Denen sei folgendes gesagt: Inklusion geht jede und jeden an! Und zwar nicht nur, weil Menschen mit Behinderungen ein vollkommen selbstverständlicher, gleichberechtigter Teil unserer Gesellschaft sind. Es ist auch Fakt, dass 97% der behinderten Menschen vollkommen gesund geboren wurden. Manchmal reicht ein unglücklicher Sturz oder ein Zeckenbiss – und man ist direkt betroffen.
VdK-Präsidentin Verena Bentele betonte im Zuge der Diskussion um Höckes Aussagen: Inklusion ist kein Ideologie-Projekt, sondern ein Menschenrecht. Weiter warnt Bentele davor, dass es heute Migranten, Geflüchtete, behinderte Menschen und Frauen seien, „denen die AfD dreist und unverhohlen ihre Rechte abspricht, morgen sind es vielleicht schon Seniorinnen und Senioren, Pflegebedürftige und ärmere Menschen.“ Die AfD stehe gegen eine Chance auf gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen im Land.
Wir schließen uns Verena Benteles Aussagen vollumfänglich an. Und möchten an dieser Stelle betonen: niemand hat das Recht, zu behaupten, er oder sie habe nicht gewusst, welch Geistes Kind die Politik der AfD ist.
Lüneburg, 12. August 2023
Quellen:
Sommerinterview des MDR mit Björn Höcke vom 9.8.23
Aktuelles Grundsatzprogramm der AfD
Statistisches Bundesamt (destatis.de)
vdk.de